Im Interview mit dem Sportbuzzer spricht der 42-Jährige über einen nicht ganz alltäglichen beruflichen Tapetenwechsel, einen langen Arbeitstag, einen besonderen Einsatz mit seinen Söhnen und ein eisernes Familienprojekt.
Toralf Kalz kickte beim SV Rangsdorf, trainierte in seiner Freizeit Kinderteams und arbeitete 25 Jahre in der Firma, in der seine berufliche Laufbahn auch begonnen hatte. In den vergangenen zweieinhalb Jahren aber überschlugen sich die Ereignisse – jetzt ist er hauptberuflicher Nachwuchscoach beim Fußball-Bundesligisten 1. FC Union Berlin und absolviert zusätzlich ein Studium an der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport. Im Interview spricht der 42-Jährige über einen nicht ganz alltäglichen beruflichen Tapetenwechsel, einen langen Arbeitstag, einen besonderen Einsatz mit seinen Söhnen und ein eisernes Familienprojekt.
Herr Kalz, als wir uns das letzte Mal vor rund zwei Jahren unterhalten haben, hatten Sie einen Bürojob und haben nebenberuflich Kinder beim SV Rangsdorf 28 gecoacht. Und nun sind Sie hauptberuflich als Nachwuchscoach beim Bundesligisten 1. FC Union Berlin tätig. Was ist passiert?
Toralf Kalz: Sehr viel. Beruflich ist so ziemlich alles komplett umgestülpt worden – ich habe noch einmal, trotz des fortgeschrittenen Alters, umgesattelt.
Erklären Sie uns das.
Nach knapp 25 Jahren im Büro und am Schreibtisch, als Ausbilder und Inventurbeauftragter, habe ich nun das langjährige ehrenamtliche Hobby zum Beruf gemacht. Ich arbeite seit dem vergangenen Jahr als Trainer bei der Sportförderung – für und bei Union Berlin. Gleichzeitig bin ich auch noch als Trainer im Nachwuchsleistungszentrum bei unseren U10- und U11-Talentteams tätig. Weiterhin habe ich noch ein Studium – Soziale Arbeit und Sport – an der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport in Berlin angefangen und bin dort mittlerweile im zweiten Semester. Viel Neues also.
Das kann man so sagen. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe vor zweieinhalb Jahren eine halbjährige Hospitation bei einer Union-Nachwuchs-Mannschaft absolviert. Ich wollte mich weiterbilden. Der Kontakt kam durch meinen Sohn zustande – er geht in sein mittlerweile sechstes Jahr als Spieler, spielt in der nächsten Saison in der U13 und darf die 7. Klasse der Flatow-Sportschule besuchen. Nach der Hospitation ist man an mich herangetreten und hat gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, an einem Projekt oder einer Aufgabe im Verein mitzuarbeiten. Ich war natürlich nicht abgeneigt und habe durch einen glücklichen Zufall zunächst bei der Sportförderung angefangen, die mit ihren Projekten wie ,Union in Fahrt’, den Feriencamps, aber auch mit ,Union macht Schule’ eine der Säulen bei Union bildet. Ich bin seitdem beim Projekt ,Union in Fahrt’, einer mobilen Fortbildung für Trainer und Lehrer im Kleinfeldbereich, die Schulen und Vereine besucht. 2018 gab es dann die Feuertaufe, als ich beim Parkfest von Radio eins wegen krankheitsbedingter Ausfälle ganz alleine mit meinen beiden Söhnen einen zweitägigen Einsatz meistern musste. Es gab sehr viel positive Resonanz.
Ein Schlüsselmoment vermutlich?
Ja, von da an ging es Schlag auf Schlag. Ich trainiere seitdem auch im Nachwuchsleistungszentrum, bei und mit unserem Talentteam und arbeite weiterhin in den Projekten bei der Sportförderung. Im Sommer 2018 wurde ich gefragt, ob ich mir einen beruflichen Weg – eine Ausbildung als Erzieher und als Einsatzort eine Kooperationskita vorstellen könnte. Ich habe aber erst weiter nebenberuflich auf Honorarbasis gearbeitet. Dann wurde es ernst: Bei einem Treffen mit unserer Bereichsleitung im Januar 2019 wurde ich gefragt, ob ich nicht auf Minijob-Basis arbeiten wolle. Ich habe damals geantwortet, dass ich mir auch vorstellen könne, komplett in diesen Bereich zu wechseln. Bis zum Sommer waren wir uns dann einig. Ich habe von da an bei meiner bisherigen Firma – in der ich 1998 meine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel abgeschlossen habe – auf Minijob-Basis weiter gearbeitet. An der DHGS – einem Kooperationspartner von Union – habe ich im September 2019 das Studium Soziale Arbeit und Sport begonnen.
Klingt nach einem erfüllten, spannenden, aber auch sehr langen Tag.
Ja, das klingt nicht nur so. Am Donnerstag begann beispielsweise um 8.30 Uhr der Einsatz in der Schule, wo ich in der aktuellen Schulsituation ein Sport- und Bewegungsangebot auf dem Schulhof oder dem Sportplatz anbiete. Es gibt mehrere Stationen und Spiele in den Pausen. Ich bin normal an drei Tagen in der Woche dort, aber das wird sich vielleicht im kommenden Schuljahr ändern. Wir haben während der Corona-Zeit viele Erfahrungen sammeln können, Feedback von den Kindern, Eltern und Kollegen erhalten, die wir jetzt im kommenden Schuljahr einfließen lassen wollen. Wir nehmen viel mit aus dieser kurzen, aber intensiven Zeit. 14.30 Uhr war Feierabend in der Schule. Wenn danach Training mit dem Talentteam auf dem Programm steht, fahre ich zum Training in die Hämmerlingstraße, zum Vereinsgelände. Außerdem habe ich am Donnerstag noch meinen Sohn zum Training gebracht und mir die Einheit angeschaut. Ab 20 Uhr stand dann ein Online-Treffen mit meiner Studiengruppe auf dem Programm.
Union ist also auch eine Art Familienprojekt?
Ja, in jedem Fall, zumal meine Frau ins vierte Jahr als ehrenamtliche Betreuerin der Mannschaft meines Sohnes geht.
Fehlt eigentlich nur noch, dass Sie seit Ihrer Kindheit Union-Fan sind und nun bei Ihrem Herzensclub arbeiten dürfen?
Ich bin ehrlich, meine Sympathie gilt seit vielen Jahrzehnten Schalke, aber Union war mir immer schon sympathisch und ist mir in den vergangenen Jahren unheimlich ans Herz gewachsen. Übrigens: In beiden Vereinen bin ich seit Jahren ein passives Mitglied. Der Bundesliga-Aufstieg hat uns natürlich auch beflügelt, wir wollen auch zu dieser Erfolgsgeschichte beitragen. Wir fiebern alle unheimlich mit und ich bin sehr froh, dass ich bei einem so tollen Verein auch noch beruflich tätig sein darf. Es ist ein Traum, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte….